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Arbeit und Ausbildung für Menschen mit Behinderungen : Datum:

Wo können Menschen mit Behinderungen eine Ausbildung absolvieren oder arbeiten? Welche besonderen Möglichkeiten gibt es? Erfahren Sie mehr über Werkstätten für behinderte Menschen, Unterstützte Beschäftigung, die Fachpraktiker-Ausbildung und Außerbetriebliche Ausbildung.

Schüler und Lehrer bei Arbeit an Werkbank und vor Tafel in Holzwerkstatt
© Maike Wendt

Wie viele junge Menschen mit Behinderungen eine duale Ausbildung starten und abschließen, ist nicht bekannt. Denn in der Berufsbildungsstatistik sind nur Zahlen von Berufen nach § 66 Berufsbildungsgesetz (BBiG)  / § 42r Handwerksordnung (HwO) aufgeführt, die sich ausschließlich auf die Ausbildung von Menschen mit Behinderungen beziehen. Zum 30. September 2021 wurden über 7.000 Verträge für „Berufsausbildungen für Behinderte“ abgeschlossen. Dies entsprach bundesweit 1,5 Prozent aller abgeschlossenen Ausbildungsverträge, wobei der Anteil mit 2,7 Prozent in Ostdeutschland etwa doppelt so hoch ist wie der Anteil in Westdeutschland mit 1,3 Prozent (siehe Datenreport 2023).

Detaillierte Daten zur Ausbildung von Menschen mit Behinderungen liegen nicht vor, personenbezogene Merkmale zur Behinderung werden in dieser Statistik nicht erfasst. Im Regelfall sollen dem Grundsatz der Inklusion und § 64 BBiG entsprechend Menschen mit Behinderungen in staatlich anerkannten Ausbildungsberufen ausgebildet werden. Zu vermerken ist: Die Anzahl der Menschen mit Behinderungen, die eine Ausbildung begonnen haben, ist deutlich höher. So sind Ausbildungsverhältnisse hinzuzurechnen, die in staatlich anerkannten Berufen außerbetrieblich „nach §§ 100 Nr. 3, 235a und 236 SGB III (außerbetriebliche Ausbildung für Menschen mit Behinderung – Reha)“ gefördert werden. Dies waren im Jahr 2021 laut Datenreport 2023 insgesamt 3.534 Ausbildungsplätze. Hinzu kommen Ausbildungsverhältnisse, die weder öffentlich gefördert noch registriert sind.

Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM)

Eine Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) ist eine Einrichtung zur Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben und zur Eingliederung in das Arbeitsleben. Hier erhalten Menschen mit Behinderungen, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht oder noch nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, eine angemessene berufliche Bildung oder Beschäftigung. Eine duale Ausbildung ist in einer WfbM nicht vorgesehen.

Eine Kernaufgabe der WfbM als Rehabilitationseinrichtung sind der Erhalt, die Entwicklung, Erhöhung oder Wiedergewinnung der Leistungs- oder Erwerbsfähigkeit sowie die Förderung des Übergangs auf den allgemeinen Arbeitsmarkt (§ 219 SGB IX, Neuntes Sozialgesetzbuch). Die Werkstatt steht grundsätzlich allen Menschen mit Behinderungen offen – Ausnahmen bestehen unter anderem, wenn erhebliche Selbst- oder Fremdgefährdung zu erwarten ist. Vorausgesetzt wird, dass ein Mindestmaß an wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung erbracht wird.

Bundesweit sind über 300.000 Menschen in rund 720 Werkstätten beschäftigt, die von der Bundesagentur für Arbeit anerkannt sind; 75 Prozent davon haben eine geistige Behinderung. Nur wenigen Beschäftigten gelingt der Übergang auf den allgemeinen Arbeitsmarkt. Das Modellprojekt ÜSB-INKLUSIV (Übergang Schule – Beruf INKLUSIV) in Schleswig-Holstein, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung in der Initiative Bildungsketten gefördert wird, möchte dieser Tendenz entgegenwirken. Es zeigt, dass mit intensiver individueller Unterstützung eine Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt oder sogar eine Fachpraktiker-Ausbildung auch für Jugendliche mit geistiger Behinderung möglich ist.

Unterstützte Beschäftigung – auf dem Weg zum allgemeinen Arbeitsmarkt

Unterstützte Beschäftigung ist eine Maßnahme, welche Menschen mit Behinderung direkt im Betrieb qualifiziert und meistens von der Agentur für Arbeit gefördert wird, bei älteren Menschen auch von der Rentenversicherung. Jedem Teilnehmenden steht hierbei eine Trainerin bzw. ein Trainer individuell zur Seite. Ziel ist, dauerhaft eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sicherzustellen. Auch ohne formale Abschlüsse sollen die Teilnehmenden durch die individuelle Qualifizierung in der Lage sein, eine Arbeit entsprechend ihren Fähigkeiten und Wünschen aufzunehmen.

Die Maßnahme ist für Menschen mit besonderem Unterstützungsbedarf vorgesehen, die noch keine Aus- oder Weiterbildung absolviert haben. Sie richtet sich insbesondere an Schulabgängerinnen und Schulabgänger aus Förder- oder Sonderschulen ohne Ausbildungsplatz, an Beschäftigte einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM), die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt arbeiten möchten, und an Erwachsene, die im Laufe des Lebens eine Behinderung erworben haben. Die Unterstützte Beschäftigung dauert 24 Monate; eine Verlängerung ist um bis zu 12 Monaten möglich. Sie besteht aus zwei Modulen, der individuellen betrieblichen Qualifizierung und der Berufsbegleitung.

Die individuelle betriebliche Qualifizierung besteht aus drei Phasen:

  • Einstiegsphase: Orientierung am Arbeitsmarkt, Suche nach passenden Qualifizierungsplätzen und Erprobung einfacher Tätigkeiten in verschiedenen Berufsfeldern
  • Qualifizierungsphase: Unterstützte Einarbeitung und Qualifizierung am Arbeitsplatz; zusätzlich berufs- und arbeitsplatzübergreifende Wissensvermittlung und Kompetenztraining zur Förderung der Sozialkompetenz und Persönlichkeitsentwicklung
  • Stabilisierungsphase: Festigung im betrieblichen Alltag, sodass eine sozialversicherungspflichtige Arbeit im Betrieb dauerhaft möglich ist

Die anschließende Berufsbegleitung sorgt nach der Begründung eines sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisses für die weitere Stabilisierung und Unterstützung im Betrieb. Sie kümmert sich unter anderem um Fördermaßnahmen, technische und berufsbegleitende Arbeitshilfen, spricht mit Vorgesetzten und vermittelt zudem zwischen den Menschen mit Behinderungen und Arbeitskolleginnen und -kollegen.

Durchgeführt wird die Unterstützte Beschäftigung beispielsweise von Integrationsfachdiensten oder von Job-Coaching-Anbietern, die von der Agentur für Arbeit (oder der Rentenversicherung) beauftragt werden.

Auch nach Abschluss der Unterstützten Beschäftigung und wenn ein reguläres, sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis besteht, können Teilnehmende mit einer anerkannten Schwerbehinderung oder Gleichstellung nach § 2 SGB IX weiterhin Hilfen erhalten. Das Integrationsamt/Inklusionsamt und die zuständigen Reha-Träger können bei Bedarf weitere Maßnahmen fördern, beispielsweise eine Berufsbegleitung, einen Minderleistungsausgleich oder technische Hilfen am Arbeitsplatz.

Fachpraktiker-Ausbildung

Eine Fachpraktiker-Ausbildung nach § 66 Berufsbildungsgesetz (BBiG) / § 42r Handwerksordnung (HwO) ist eine Option für Menschen mit Behinderungen, die die theoretischen Anforderungen einer Regelausbildung aufgrund einer Behinderung nicht erfüllen können. Hier ist die Fachtheorie reduziert, während fachpraktische Inhalte stärker gewichtet werden. 

Voraussetzung für diese Ausbildung ist eine Behinderung, ein besonderer Förderbedarf oder eine soziale Benachteiligung. Möglich ist sie erst, wenn eine duale Regelausbildung trotz Hilfe einer Assistierten Ausbildung und Nachteilsausgleichen ausgeschlossen ist. Ob die Eignung für eine übliche duale Ausbildung fehlt, kann die Agentur für Arbeit feststellen.

Die Handwerkskammern u.a. Kammern konzipieren als gesetzlich zuständige Stelle die Fachpraktiker-Ausbildungsregelungen nach der Empfehlung des Hauptausschusses des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB), die am 17. Dezember 2009 beschlossen wurde. Diese Rahmenregelung soll bundeseinheitliche Qualitätsstandards bei den regionalen Ausbildungsregelungen für Fachpraktiker-Ausbildungsberufe sicherstellen, wie zu Ausbilderschlüssel, betrieblichen Phasen, Förderplan und rehabilitationspädagogischer Zusatzqualifikation der Ausbilderinnen und Ausbilder. Auf Basis der Rahmenregelung sind berufsspezifische Musterregelungen für unterschiedliche Berufe entwickelt worden.

Die Inhalte basieren auf der Ausbildungsordnung eines entsprechenden staatlich anerkannten Ausbildungsberufes und berücksichtigen zudem die Lage und Entwicklung des allgemeinen Arbeitsmarktes. Durchlässigkeit und Anschlussfähigkeit sind somit sichergestellt. Die gelernten Inhalte können angerechnet werden, wenn die Fachpraktiker-Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf fortgesetzt wird. Bei passenden Leistungen der Auszubildenden und wenn es die Behinderung erlaubt, ist ein Wechsel bereits während oder nach der Fachpraktiker-Ausbildung in eine Regelausbildung möglich. An die Ausbildung zum Fachpraktiker für Bäcker kann zum Beispiel eine duale Ausbildung zum Bäcker anschließen.

Fachpraktiker-Ausbildungen werden häufig von Berufsbildungswerken angeboten, können aber auch in normalen Ausbildungsbetrieben erfolgen. Grundsätzlich ist eine rehabilitationspädagogische Zusatzqualifikation (ReZA) für Ausbilderinnen und Ausbilder erforderlich. Diese kann entfallen, wenn der Ausbildungsbetrieb mit einer geeigneten Ausbildungseinrichtung kooperiert oder behinderungsspezifisch geschultes Personal mit ReZA-Nachweis die Ausbildung fachlich begleitet (ggf. Integrationsfachdienste).

Außerbetriebliche Ausbildung (BaE)

Die außerbetriebliche Berufsausbildung wird überwiegend staatlich finanziert und ist ein Angebot der Bundesagentur für Arbeit oder des Jobcenters. Die Jugendlichen müssen eine anerkannte Behinderung oder einen besonderen Förderbedarf haben oder sozial benachteiligt sein. Teilnehmen können junge Menschen, die nach der Schulzeit keinen regulären Ausbildungsplatz in einem Betrieb finden konnten, die noch keine berufliche Erstausbildung abgeschlossen haben, aber schon wissen, welchen Beruf sie erlernen wollen. Wegen der intensiven Unterstützung und behindertengerechten Arbeitsplatzgestaltung in den außerbetrieblichen Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation ist diese Art der Ausbildung gut für Menschen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Behinderungen geeignet.

Bei dem Bildungsträger, der von der Bundesagentur für Arbeit oder dem Jobcenter beauftragt wird, lehren und unterstützen Ausbilderinnen und Ausbilder, Lehrkräfte und Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen. Die Auszubildenden erhalten unter anderem Nachhilfe in Theorie und Praxis, Unterstützung bei der Vorbereitung auf Prüfungen und Klassenarbeiten sowie Hilfe bei Alltagsproblemen und Gesprächen.

Die Maßnahme findet vorwiegend bei Bildungsträgern und Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation wie Berufsbildungswerken, Fortbildungszentren oder Akademien statt. Der praktische Teil der Berufsausbildung kann in den Werkstätten des Bildungsträgers oder in einem ausbildungsberechtigen Betrieb absolviert werden.

Ziel ist ein Abschluss entsprechend einer betrieblichen Ausbildung. Die Ausbildung sollte möglichst bereits nach dem ersten Jahr in einem Betrieb fortgeführt werden, beispielsweise mit Hilfe der Assistierten Ausbildung.

Die Auszubildenden erhalten eine Ausbildungsvergütung und sind sozialversichert. Je nach Beruf dauert die außerbetriebliche Berufsausbildung in der Regel zwischen 24 und 42 Monaten. Erfolgt die Ausbildung in Teilzeit, zum Beispiel wegen einer Behinderung, ist eine Verlängerung möglich.

Links

Werkstatt für behinderte Menschen

ÜSB-INKLUSIV (Übergang Schule – Beruf INKLUSIV)

Unterstützte Beschäftigung, Flyer für Arbeitnehmer (Bundesagentur für Arbeit)

Unterstützte Beschäftigung, Flyer für Arbeitgeber (Bundesagentur für Arbeit)

Übersicht über Ausbildungsberufe für Menschen mit Behinderungen nach § 66 BBiG / § 42r HwO und Ausbildungsberufe zum Weiterkommen nach einer Fachpraktiker-Ausbildung
planet-beruf.de

Rahmenregelung für Ausbildungsregelungen für Menschen mit Behinderung gemäß § 66 BBiG/§ 42m HwO sowie Empfehlungen für einige Fachpraktiker-Ausbildungen
bibb.de/dienst/berufesuche/    

Empfehlungen von Ausbildungsregelungen sowie Informationen rund um die Ausbildung von Menschen mit Behinderung im Handwerk auf der Website des ZDH (Zentralverband des Deutschen Handwerks)
zdh.de/ueber-uns/fachbereich-berufliche-bildung/ausbildung/inklusion-in-der-ausbildung/

Rahmenpläne sowie weitere Informationen zu Fachpraktikerausbildungen der einzelnen Industrie- und Handelskammern sind auf den IHK-Websites unter „Berufe von A-Z“ verlinkt.

Informationen zum Thema Rehabilitationspädagogische Zusatzqualifikation für Ausbilderinnen und Ausbilder (ReZA)

Fachpraktiker-Ausbildungen in der Praxis, Erste Erkenntnisse zu Bekanntheit und Erfahrungen aus Sicht der Betriebe, Artikel in der Zeitschrift „Berufsbildung in Wissenschaft und Praxis“, BWP 5 | 2017
bwp-zeitschrift.de

Außerbetriebliche Berufsausbildung, Informationen für junge Menschen (Bundesagentur für Arbeit)

Außerbetriebliche Ausbildung (REHADAT-Bildung)