Unterstützung von Geflüchteten aus der Ukraine durch BOF und KAUSA-Projekte : Datum:
Der Erfahrungsaustausch von Projektträgern am 27. März 2023 hat gezeigt, dass das Programm „Berufliche Orientierung für Zugewanderte (BOF)“ und KAUSA-Projekte schnell Angebote für Geflüchtete aus der Ukraine entwickelt haben. Diskutiert wurde, wie Ukrainerinnen und Ukrainer erreicht werden können und welche Herausforderungen bestehen.
BOF und KAUSA – eine gute Ergänzung
Erstmals haben sich BOF- und KAUSA-Projektträger gemeinsam in einer Online-Veranstaltung ausgetauscht. „Wir wollen BOF und KAUSA stärker miteinander verbinden“, sagt Gerburg Benneker, die das BOF-Programm im Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) fachlich begleitet. Denn beide verfolgen grundsätzlich das gleiche Ziel: Die Unterstützung von Menschen mit Flucht- und Migrationshintergrund auf dem Weg zur Ausbildung. Unterschiedlich sind jedoch der Zeitpunkt, die Zielgruppen und Art der Unterstützung.
BOF-Kurse vermitteln Migrantinnen und Migranten, die nicht mehr schulpflichtig sind, sowohl Fachsprache als auch Fachkenntnisse für ausgewählte Ausbildungsberufe in Lehrwerkstätten oder Betrieben. Bundesweit gibt es derzeit 56 Anbieter von BOF-Kursen. „Über 10 Prozent der BOF-Teilnehmerinnen und Teilnehmer kommen inzwischen aus der Ukraine“, berichtet Benneker.
Die KAUSA-Projekte verfolgen hingegen unterschiedliche Ansätze, um junge Menschen mit Flucht- und Migrationshintergrund und Unternehmen für eine duale Ausbildung zu gewinnen. Eine wichtige Rolle spielen die Netzwerkarbeit und Verweisberatung, die Beratung auf persönlicher Ebene und von Gruppen – von jungen Menschen mit Migrationserfahrung, Eltern, potentiellen Ausbildungsbetrieben und Multiplikatoren. Zurzeit bestehen KAUSA-Landesstellen in 9 Bundesländern. Des Weiteren übertragen 8 KAUSA-Transfer-Projekte bewährte Instrumente und Maßnahmen von abgeschlossenen KAUSA-Projekten in andere Regionen.
BOF und KAUSA werden durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.
BOF-Kurse bereiten hochmotivierte Ukrainerinnen und Ukrainer auf Ausbildung vor
Ein Anbieter von BOF-Kursen ist die QualiTec GmbH der Handwerkskammer Aachen. „Anfang des Jahres startete bei uns der erste BOF-Kurs für Geflüchtete aus der Ukraine“, berichtet Renate Offergeld, BOF-Koordinatorin in Aachen, bei dem Erfahrungsaustausch. Dabei sind 7 Männer und 6 Frauen aus der Ukraine, sowohl Jugendliche als auch ältere Erwachsene. Fast alle haben eine abgeschlossene Berufsausbildung, einige sogar mehrere – unterschiedliche Berufe wie Architekt, Betriebswirt, Bürokauffrau, Fliesenleger, Köchin oder Konditorin. Allerdings hätten viele von ihnen aufgrund unruhiger Zeiten in der Ukraine nicht in den gelernten Berufen gearbeitet, sondern in anderen Bereichen – daher ist die Anerkennung der Abschlüsse in Deutschland schwierig. Unklar sei zudem, wie inoffiziell erworbene Kenntnisse, für die keine Nachweise vorliegen, anerkannt werden könnten. „Die meisten sind offen für handwerkliche Berufe. Auch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die studiert haben“, sagt Offergeld.
Die meisten in der Gruppe hätten ihre Deutschkenntnisse teilweise mit Hilfe von Ehrenamtlichen gelernt, weil die Integrationskurse auch in Aachen sehr voll sind, sagt Renate Offergeld. Die Teilnehmenden sind sehr motiviert und fordern mehr Übungen und Aufgaben im Deutschunterricht. „Ich habe noch nie eine Gruppe erlebt, in der die Teilnehmerinnen und Teilnehmer so dankbar und offen waren“, resümiert Offergeld.
Interessenten für den BOF-Kurs zu finden, war einfach. „Eine ukrainische Kollegin hat die Geflüchteten persönlich angesprochen“, sagt Offergeld. „Schnell hat sich herumgesprochen, dass es BOF-Kurse gibt. Eine Informationsveranstaltung war nicht mehr nötig.“
Katja Laber, Mitarbeiterin beim bfz (Berufliche Fortbildungszentren der Bayerischen Wirtschaft gGmbH) in Weiden, berichtet ebenfalls, dass sich Informationen zu den BOF-Kursen rasch verbreiten. In Veranstaltungen hat das bfz über BOF-Kurse informiert und anschließend Einzelgespräche geführt. Die bereits gewonnenen Ukrainerinnen und Ukrainer haben nicht nur andere Landsleute auf das Angebot hingewiesen, sondern auch das Jobcenter. Nach ihren positiven Rückmeldungen schickte das Jobcenter mehrere Menschen aus anderen Herkunftsländern zu den BOF-Kursen. Mundpropaganda – insbesondere in der Muttersprache – aber auch Social Media spielen bei der Kommunikation eine besondere Rolle. In Weiden nehmen nun an einem BOF-Kurs ausschließlich Geflüchtete aus der Ukraine teil, die Teilnehmenden eines weiteren Kurses kommen aus Albanien und Syrien, aus der Ukraine und dem Irak.
Eine besondere Herausforderung ist die Kinderbetreuung, da es nur wenige Betreuungsplätze gibt. Aus diesem Grund ist in Weiden der Unterricht auch in Teilzeit vorgesehen, am Nachmittag, wenn Großeltern oder andere Familienangehörigen auf die Kinder aufpassen können. Denkbar wäre, nach dem BOF-Kurs eine Teilzeitausbildung anzuschließen, um parallel arbeiten oder Kinder betreuen zu können.
KAUSA-Projekte beraten seit einem Jahr Geflüchtete aus Ukraine rund um duale Ausbildung
Für viele der Geflüchteten sind die KAUSA-Landesstellen erste Anlaufpunkte, die auf weitere Angebote verweisen. Eine Stärke der Projekte ist, dass sie äußerst flexibel und rasch auf neue Situationen reagieren. So hat die KAUSA-Landesstelle Thüringen bereits im März 2022 eine Hotline für Geflüchtete aus der Ukraine eingerichtet.
Beratung auf Ukrainisch und Russisch bieten inzwischen 5 KAUSA-Landesstellen an: in Hamburg, Brandenburg, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Thüringen. Das KAUSA-Team in Mecklenburg-Vorpommern berate in Deutsch und Englisch, berichtet Anja Schäfner, Projektmitarbeiterin am Standort Stralsund. Hier sind oft Ehrenamtliche bei Gesprächen dabei, um ins Ukrainische zu übersetzen. Auch Veranstaltungen bieten die KAUSA-Projekte in Ukrainisch an; ein Beispiel ist der digitale Elternabend der KAUSA-Landesstelle Hamburg und Jugendberufsagentur. Das KAUSA-Team in Mecklenburg-Vorpommern informiert ukrainische Geflüchtete auf Veranstaltungen von Einrichtungen der freien Wohlfahrtspflege über Ausbildung und Beruf.
Zahlreiche Materialien sind in Ukrainisch publiziert. Bereits im März 2022 veröffentlichte die Servicestelle Bildungsketten im BIBB, die die KAUSA-Projekte begleitet, eine Liste ukrainisch-, russisch- und deutschsprachiger Internet-Seiten mit Informationen über das Leben in Deutschland, Schule, Ausbildung und Arbeit. Für die KAUSA-Landesstellen erstellte die Servicestelle ein Infoblatt in Ukrainisch, Russisch und anderen Sprachen; es beschreibt die Angebote von KAUSA und die duale Ausbildung. Der KAUSA-Elternratgeber wurde ins Ukrainische übersetzt, die russische Version aktualisiert.
Die KAUSA-Projekte informieren die Ukrainerinnen und Ukrainer vorwiegend über schulische Bildungswege und die duale Berufsausbildung. Die meisten Geflüchteten streben zunächst einen Hochschulabschluss an. Sie wissen nicht, dass die Ausbildung in einem Betrieb gute Fachkenntnisse und gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt bietet. Unbekannt ist zum Beispiel, dass es in Deutschland den Ausbildungsberuf Fachinformatiker/in gibt – in den meisten Ländern ist für diese Qualifizierung ein Studium erforderlich. Darüber hinaus ist die Anerkennung von Berufsabschlüssen ein wichtiges Thema, da viele Geflüchtete in der Ukraine studiert oder eine Berufsausbildung abgeschlossen haben.
Viele der Beratenen sind noch unsicher, ob sie in Deutschland bleiben und eine Ausbildung beginnen wollen. Da gute Sprachkenntnisse eine Grundvoraussetzung für eine Ausbildung sind, empfehlen die KAUSA-Projekte oft Sprachkurse. Doch die Integrations- und Deutschkurse sind in vielen Fällen überfüllt, sagt Elke Balzereit von der KAUSA-Landesstelle Mecklenburg-Vorpommern. Sie verweist zwischenzeitlich auf kostenfreie Online-Seminar der Volkshochschule, auf Sprach-Cafés und Vereine, in denen Ehrenamtliche die deutsche Sprache vermitteln.
Mögliche Kooperationen von BOF und KAUSA
Der Erfahrungsaustausch verdeutlichte, dass die Kooperation zwischen den KAUSA- und BOF-Projekten auf vielen Ebenen möglich ist – ein Gewinn für alle Ausbildungsinteressierten mit Migrationserfahrung. Die KAUSA-Projekte können auf Veranstaltungen und bei Beratungen auf BOF-Kurse hinweisen. BOF- und KAUSA-Projektträger könnten gemeinsame Veranstaltungen durchführen, um auf die Chancen einer dualen Ausbildung aufmerksam zu machen. Da die KAUSA-Projekte auf kommunaler, regionaler und landesweiter Ebene agieren und sie stark vernetzt sind, haben sie die Möglichkeit, weitere Einrichtungen und Multiplikatoren zu erreichen, zu denen die einzelnen BOF-Träger bisher keinen Zugang haben.
Links
Berufliche Orientierung für Zugewanderte (BOF)
QualiTec GmbH der Handwerkskammer Aachen
BOFplus im bfz Weiden (Berufliche Fortbildungszentren der Bayerischen Wirtschaft (bfz) gGmbH)
Links für Geflüchtete aus der Ukraine