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Unterstützung am Übergang Schule – Beruf: Ausbildungsakquisiteurinnen und Ausbildungsakquisiteure in Bayern

Wer noch keinen Ausbildungsplatz hat, kann sich an die Ausbildungsakquisiteurinnen und Ausbildungsakquisiteure (AQ) wenden. Das Programm hat sich seit über 25 Jahren als Förderinstrument am Übergang Schule – Beruf in Bayern bewährt.

Ausbildungsakquisiteurin sitzt mit Jugendlicher an Tisch und zeigt mit Stift auf Ausdruck
Ausbildungsakquisiteurin Petra Peschke © BIBB/berlin-event-foto.de/Hans-Rudolf Schulz

Der Fokus liegt auf Information, Beratung und Begleitung junger Menschen ab Klassenstufe 8 und während der Ausbildung. Die Ausbildungsakquisiteurinnen und Ausbildungsakquisiteure unterstützen durch ihr großes Netzwerk Ausbildungsplatzsuchende individuell am Übergang von der Schule in die Berufsausbildung. Zudem helfen sie Betrieben bei der Suche nach geeigneten Auszubildenden. Das Bayerische Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales (StMAS) fördert die AQ seit 1997.

Interview mit Ausbildungsakquisiteurin Petra Peschke

Petra Peschke arbeitet seit vier Jahren als Ausbildungsakquisiteurin bei den Beruflichen Fortbildungszentren der Bayerischen Wirtschaft (bfz) Landshut. Sie ist im Arbeitsagenturbezirk Deggendorf, Straubing und Regen unterwegs. Die Akquisiteurin bringt mehrere Jahrzehnte an Berufserfahrung mit, unter anderem als Unternehmensberaterin, Moderatorin und ausgebildete medizinische Fachkraft. Im Interview schildert sie, wie sie junge Menschen am Übergang Schule – Beruf begleitet, welche Trends es bei Bewerbungen gibt und wie angehende Auszubildende mit Vorstellungsvideos bei Unternehmen punkten.

Welche Ziele hat die Arbeit der Ausbildungsakquisiteurinnen und Ausbildungsakquisiteure?

Petra Peschke: Das Ziel ist, junge Menschen in eine Berufsausbildung, Einstiegsqualifizierung oder in ein Betriebspraktikum zu vermitteln. Dabei informieren und beraten wir die jeweiligen Zielgruppen über die Möglichkeiten der Berufsausbildung, einschließlich der Ausbildung in Teilzeit. Wir sorgen dafür, Ausbildungsstellen zu gewinnen und zu sichern. Dazu zählt auch die Akquise zusätzlicher Ausbildungsplätze sowie Plätze für Einstiegsqualifizierungen. Eine Begleitung ist kostenlos und erfolgt auf freiwilligen Wunsch der jungen Menschen.

Mit welchen Zielgruppen haben Sie es hauptsächlich zu tun?

Wir kümmern uns um junge Menschen mit Migrationshintergrund und leistungsschwächere deutsche Jugendliche – unabhängig von ihrem Leistungsstand und Schulabschluss. Viele stammen aus schwierigen Familienverhältnissen. Bei einigen fehlt das Interesse, sich mit dem Thema Berufsausbildung zu beschäftigen. Oder sie benötigen noch weitere Informationen, auch wenn die Schulen in Bayern sehr viel zur Beruflichen Orientierung beitragen. Eine weitere Gruppe, die wir in den Blick nehmen, umfasst über 25 Jahre alte Menschen mit Interesse an einer Ausbildung.

Wie sieht Ihre Tätigkeit als Ausbildungsakquisiteurin konkret aus?

Die Tätigkeit unterteilt sich in vier Phasen: Akquise, Beratung, Vermittlung und Nachsorge. Das ist kein starrer Prozess, sondern ein modulares System, wobei sich die Phasen überschneiden können. Bei der Akquise geht es darum, junge Menschen für eine Berufsausbildung oder ein Betriebspraktikum zu begeistern. Auf Veranstaltungen informieren wir über die beruflichen Perspektiven der dualen Ausbildung. Wir gehen zum Beispiel auf regionale Ausbildungsmessen wie die bayernweite BERUFSBILDUNG Nürnberg oder besuchen Schulen vor Ort. Bei Betrieben schauen wir nach geeigneten Ausbildungsplätzen. Häufig sprechen uns Unternehmen auch direkt auf potenzielle Bewerberinnen oder Bewerber an. Wir beobachten den Ausbildungsmarkt, und schauen sowohl darauf, welche Branchen angesagt sind als auch darauf, welche schwächeren Jugendlichen gute Chancen bieten. Und wir vernetzen uns mit Kooperationspartnern in einer Region. Dazu gehören unter anderem die örtlichen Arbeitsagenturen, Jobcenter sowie Kammern in den Bereichen Industrie, Handel und Handwerk.

Wie unterstützen Sie junge Menschen bei der Beratung?

Im Gespräch erfassen wir zunächst die Stärken und Schwächen. Dieses Profiling, also die Erstellung eines Kompetenzprofils, ist enorm wichtig und macht den Hauptanteil meiner Arbeit aus. Häufig haben die jungen Menschen noch keine Vorstellung, was sie beruflich machen möchten. Als Ausbildungsakquisiteurinnen und Ausbildungsakquisiteure sind wir stark gefordert, zu erörtern, in welche Richtung es überhaupt gehen soll. Dazu gibt es ein vertiefendes Coaching. Wir klären ab, wo persönliche Interessen und Kompetenzen liegen, welche Berufe dazu passen und welche Arbeitgeber in einer Region interessant sind. Dabei stützen wir uns auch auf die Ergebnisse aus der Potenzialanalyse und die im Berufswahlpass dokumentierten Erfahrungen zur Beruflichen Orientierung.

Was ist ein typisches Beispiel für ein vertiefendes Coaching?

In vielen Fällen haben die Teilnehmenden noch keinen Ausbildungsplatz, wenn sie bei mir Unterstützung suchen. Meistens schlagen die Lehrkräfte jemanden vor, der ein Coaching gebrauchen kann, zum Beispiel unversorgte Jugendliche. Dann analysiere ich zusammen mit dem jungen Menschen, wo sie oder er aktuell steht. Ob ein Praktikum absolviert wurde. Oder ob es Hürden gibt und wie man sie abbaut. Viele unterschätzen den zeitlichen Vorlauf von bis zu einem Jahr, der bei Bewerbungen um einen Ausbildungsplatz erforderlich ist. Ihnen ist nicht bewusst, dass sie sich mit dem Zeugnis der 8. Klasse hätten bewerben müssen – und das obwohl die Lehrkräfte ausdrücklich auf den Zeitrahmen hinweisen. Die Lösung ist, mit den Teilnehmenden kurzfristig einen Berufswunsch zu entwickeln, möglichst mit den Eltern zusammen. Über unser Netzwerk besteht die Möglichkeit, dass unversorgte Jugendliche eine Lehrstelle in einem Betrieb erhalten.

Welche digitalen Werkzeuge kommen bei der Begleitung zum Einsatz?

Während der Coronapandemie habe ich viele Gespräche mit Jugendlichen und Eltern per Video geführt. Das hat gut funktioniert. Heute nutze ich Videokonferenzen immer dann, wenn eine Teilnehmerin oder ein Teilnehmer weiter weg wohnt. Ein Gespräch per Video ist dann praktischer als sich mit hohem Aufwand in Präsenz zu treffen. Die Kompetenzfeststellung erfolgt ebenfalls digital über KoJACK. Dieser modulare Kompetenzcheck für Schülerinnen und Schüler wurde vom bfz entwickelt und wird seit vielen Jahren zur Berufsfindung eingesetzt wird. Ein weiterer Punkt: Viele Unternehmen wickeln ihre Bewerbungsverfahren über digitale Portale ab. Wir erklären den Jugendlichen, wie solche Portale funktionieren und wie sie dort ihre Bewerbungsunterlagen hochladen. Manche Firmen stellen vorab Fragen, um sich ein Bild von den Kandidatinnen und Kandidaten zu machen. Wir geben Tipps, wie eine professionell wirkende Antwort aussehen könnte.

Welche Trends gibt es bei Bewerbungsverfahren?

Ein Bewerbungsvideo kann die Chancen auf eine Ausbildungsstelle steigern. Bei Unternehmen ist diese Form der Bewerbung sehr beliebt. Ich bin spezialisiert auf digitale Bewerbungsverfahren und biete kostenlose Workshops zum Thema Bewerbungsvideos an. Auf Ausbildungsmessen zeige ich interessierten Jugendlichen, wie sie solche Videos mit dem Smartphone selbst erstellen. Zu klären ist, wann ein Bewerbungsvideo überhaupt sinnvoll ist und welche Branchen sich eignen. Nicht alle Berufe kommen dafür in Frage. Ein Video kann viel über die Persönlichkeit, Motivation und Kreativität einer Bewerberin oder eines Bewerbers erzählen. Bei schlechteren Schulnoten ist ein Video eine gute Option, ein Unternehmen von seinen Stärken und Kompetenzen zu überzeugen. Nur wenige Jugendliche nutzen diese Chance, dabei würden es sich erfahrungsgemäß viele Unternehmen wünschen. Da steckt viel Potenzial drin.

Welche Rolle spielt Netzwerkarbeit für Ihre Tätigkeit als Ausbildungsakquisiteurin?

Die Netzwerkarbeit mit Schulen, Betrieben und Arbeitsagenturen ist sehr wichtig. Der regelmäßige Kontakt zu den Schülerinnen und Schülern sowie zur Schule spielt dabei eine besondere Rolle. Dieser Kontakt ist bei mir über die Maßnahmen zur Beruflichen Orientierung gegeben, die das bfz im Auftrag des Freistaates Bayern und der Agentur für Arbeit an allgemeinbildenden Schulen durchführt. Die Jugendlichen können sich bei Schwierigkeiten an uns Ausbildungsakquisiteurinnen und Ausbildungsakquisiteure wenden, zum Beispiel, wenn sie keinen Ausbildungsplatz finden. Wir stehen jederzeit bereit, um zu helfen. Des Weiteren ist der Austausch mit den örtlichen Arbeitsagenturen und Unternehmen maßgeblich. Auf Ausbildungsmessen suche ich gerne jene Firmen auf, mit denen ich nicht so häufig spreche. Dann frage ich gezielt nach freien Ausbildungsstellen und biete mich als Vermittlerin an. Den Fachkräftebedarf der Betriebe leite ich an die Lehrkräfte in den Abschlussklassen an Schulen weiter. Deshalb ist die Kombination von Beruflicher Orientierung mit der Tätigkeit als Ausbildungsakquisiteurin so gewinnbringend.

Wie profitieren Betriebe durch die Arbeit der Ausbildungsakquisiteurinnen und Ausbildungsakquisiteure?

Die Betriebe geben uns ihre Ausbildungsplätze bekannt, die dringend zu besetzen sind. Damit sichern sie ihren Fachkräftebedarf. Wir begleiten Betriebe bei Bedarf in der Phase der Nachsorge. Im ersten Lehrjahr besteht ein höheres Risiko, dass ein Ausbildungsvertrag gelöst wird. Das gilt es zu vermeiden. Mit dem Ausbildungspersonal blicken wir auf die Entwicklung eines Auszubildenden und auf die Frage, ob sich etwas verbessern lässt. Gelegentlich treten Konflikte zwischen den Generationen auf, wenn unterschiedliche Sichtweisen von Jung und Alt aufeinandertreffen. Als Ausbildungsakquisiteurin übernehme ich dann die Vermittlerrolle.

Wo sehen Sie die größten Herausforderungen in der individuellen Begleitung?

Die größten Herausforderungen sehe ich in der Zielgruppe selber. Die Betroffenen sind vor einer Begleitung nur bedingt für eine Berufsausbildung geeignet. Gründe hierfür sind schwächere schulische Leistungen, aber auch mangelnde Motivation und falsche Annahmen, welche Berufe mit einem Mittelschulabschluss zu erreichen sind. Ich stelle fest, dass vielen Teilnehmenden zunächst nicht klar ist, dass sie während einer Ausbildung die Berufsschule besuchen müssen. Darüber klären wir die jungen Leute natürlich auf. Das gilt auch für die Leistungsanforderungen, die Betriebe an sie stellen. Beim Kraftfahrzeugmechatroniker kommt es beispielsweise auf gute Kenntnisse in Mathematik und Physik an. Bei Schwierigkeiten in der Berufsschule lässt sich über die Arbeitsagenturen die Assistierte Ausbildungsbegleitung flex organisieren, eine Form der Nachhilfe für Auszubildende.

Links

Unterstützung am Übergang Schule – Beruf für junge Menschen durch Ausbildungsakquisiteurinnen und Ausbildungsakquisiteure

KoJACK – modulares Verfahren zur Kompetenzermittlung

Ausbildungs- und Jobmesse Nürnberg